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Fragen
Was war dein peinlichster Moment auf der Bühne?
Das war beim Aldeburgh Festival, wir spielten Histoire du soldat
und ich war mitten in einer sehr schwierigen Stelle – die Art von
Passage, die Strawinsky liebt, wenn er komplizierte und
abwechslungsreiche rhythmische Muster verwendet, die Sorte von Stelle,
an der man die Augen nicht von der Musik abwenden kann, da man sich
sonst verliert! Ich kam zum Anfang der nächsten Seite, und plötzlich
begann alles aus den Fugen zu geraten. Nichts passte mehr zusammen, und
ich wurde zunehmend sauer auf meine Kollegen. Was zum Teufel machten
sie?? Nach einer Weile, die mir wie Stunden erschien (in Wirklichkeit
waren es wahrscheinlich etwa fünf Sekunden), wurde mir klar, dass das,
was eigentlich meine Seite 10 sein sollte, Seite 14 war. Ich hatte keine
Wahl und musste abbrechen. Meine Kollegen schauten schockiert –
vielleicht sogar so schockiert wie ich selbst. Ich drehte mich zum
Publikum und sagte: «Ich entschuldige mich zutiefst, aber es scheint,
dass ich Seite 10 verloren habe.» Ich tanzte von der Bühne und fand die
Seite auf dem Boden meiner Garderobe. Dann rannte ich zurück auf die
Bühne, und nun machte ich einfach amüsiert weiter, denn ich wusste, dass
die Spannungsblase geplatzt war! Es war schrecklich peinlich, aber auch
irgendwie befreiend. Nach dem Konzert konnte sich das Publikum
natürlich über nichts anderes unterhalten.
Wann und wie war deine erste Begegnung mit der CAMERATA BERN?
In
der Zeit, als ich im Opernhaus Zürich arbeitete, bin ich einmal
zufällig für jemanden in der CAMERATA BERN eingesprungen, und um ehrlich
zu sein, war es ein sehr seltsamer Auftritt in St. Moritz! Aber ich
liebte die Kollegen und ich liebte das Konzept des Ensembles (und kaufte
sofort flache Schuhe:)). Damals hatte ich keine Ahnung, wer der
damalige künstlerische Leiter Erich Höbarth war, aber sogleich war ich
hin und weg. Ich habe mich sofort in ihn und in das Ensemble verliebt.
Was mit einem glücklichen Zufall begann, entwickelte sich im Laufe der
Jahre zu einer der wichtigsten musikalischen Säulen meines Lebens, und
auch zu einem der besten Ensembles, mit dem ich je gespielt habe. Ich
durfte aus erster Hand in der ersten Reihe und in der Mitte von den
grössten Künstler*innen lernen, wie man leitet und führt. Ich durfte so
viele unglaubliche Menschen treffen und mit ihnen zusammenspielen – in
erster Linie meine Kolleg*innen. Zusammen haben wir so viele
Herausforderungen erlebt, und ich fand es immer fantastisch, wie das
Ensemble mit Unterschieden umgeht, und wie es stets versucht, auf
irgendeine Weise zusammenzukommen. Wie eine Familie, und das ist
letztlich das, was die CAMERATA BERN heute für mich ist.
Wie kommt es, dass du Musikerin geworden bist?
Meine
ältere Schwester musste Geige lernen, und sie war ziemlich faul und
spielte deshalb relativ mittelmässig (Sorry Frances, falls du das hier
lesen solltest, aber nennen wir die Dinge doch einfach beim Namen,
oder?). Ich wollte unbedingt auch Geige spielen, weil sie spielte (sie
war natürlich die coolste aller Zeiten), aber meine Eltern hatten zuerst
keine Lust auf weitere Kämpfe – wie die mit ihr. Um ihnen zu beweisen,
dass ich nicht wie meine faule Schwester war, übte ich. Und verbesserte
mich ziemlich schnell. Dann führte eins zum anderen, und da bin ich nun!
Es half mir sehr, dass ich so unterstützende Eltern und die wunderbare
Suzuki-Lehrerin Carol Roosevelt hatte, die mir von Anfang an ein Gefühl
von Freude und Liebe zur Musik vermittelte, von dem ich wirklich glaube,
dass es mich durch meine gesamte musikalische Ausbildung und mein Leben
getragen hat. Danke Mom und Dad, und danke Mrs. Roosevelt!
Über Meesun Hong Coleman
Geboren in South Carolina, schloss Meesun Hong Coleman ihr Studium mit einem Bachelor of Arts in Komposition an der Princeton University und einem Master of Arts in Violine an der Juilliard School ab. Danach zog sie als Fulbright-Stipendiatin nach Berlin.
Heute ist Meesung Hong Coleman Professorin für Violine und Kammermusik an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz sowie Konzertmeisterin der Kammerakademie Potsdam und der Haydn Philharmonie.
Sie leitet vom Konzertmeisterpult regelmässig das Mahler Chamber Orchestra, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, das Stuttgarter Kammerorchester, das Münchner Kammerorchester und weitere. Festivalauftritte führten sie unter anderem nach Salzburg, Gstaad, Luzern, Edinburgh, Aldeburgh, Ojai und in den Rheingau, und sie trat in der Carnegie Hall, der Wigmore Hall, der Suntory Hall, dem Wiener Musikverein, dem Beijing Performing Arts Center und der Berliner Philharmonie auf. Meesun lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Salzburg.